Sexuelles Wohlbefinden, Beckenbodengesundheit und Selbstbewusstsein hängen eng zusammen. Warum wir aus unserer Körpermitte die Lebensqualität stärken können, erklärt Hélène Menapace.
Hélène Menapace
Physiotherapeutin und Osteopathin
Der Beckenbodenmuskel, wo ist dieser überhaupt und warum ist er für Frauen so wichtig?
Unsere Beckenbodenmuskulatur befindet sich zwischen Schambein und Steissbein. Durch die Halte- und Stützfunktion ist diese Muskelgruppe für unsere Kontinenz, Menstruationsbeschwerden, sexuelle Wahrnehmung, Geburtsprozess bzw. die Zeit danach bis hin zur Verdauung und Stuhlentleerung mitverantwortlich. Dass alle diese Vorgänge einen Einfluss auf unsere Psyche haben, ist auch sehr hervorzuheben! Wenn dieses muskuläre Netzwerk gesund ist, dann unterstützt es unsere Beckenorgane (Blase, Gebärmutter, Darm) wie eine kleine Hängematte, indem es diese in der natürlichen Lage hält.
Wie kann man ihn am besten trainieren bzw. stärken?
Im Grunde genommen ist regelmäßiger Sport und gezielten Beckenbodenmuskelübungen, wie die bekannten Kegelübungen, die klassische Art den Beckenboden zu stärken. Jedoch sollte man einige Punkte beachten:
Kann ich meinen Beckenboden gut wahrnehmen und gezielt anspannen?
- Achte ich beim Sport darauf meinen Beckenboden in den Bewegungsablauf miteinzubeziehen?
- Habe ich Beschwerden? (Urinverlust beim Sport)
- Habe ich allgemein Urinverlust, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Druckgefühl im Unterbauch / verstärkte PMS?
- Bei Beschwerden muss man unbedingt zuerst die Grundproblematik definieren, um die Symptomatik nicht zu verschlimmern.
- Ist die Organlage (Senkung) oder die Muskulatur das Problem? Dies können PhysiotherapeutInnen und GynäkologInnen beurteilen.
Ein schlecht funktionierender Beckenboden ist nicht unbedingt „schlapp“. Viele Frauen haben einen verspannten Beckenboden, dass heißt, man muss ihn zuerst lockern, damit er seine komplette Anspannungsfähigkeit aufbringen kann.
Wie hängen Beckenbodengesundheit, sexuelles Wohlbefinden und Selbstbewusstsein zusammen?
Man assoziert mit sexueller Gesundheit oft vor allem Sex und Orgasmus und wenn dies auch sehr wichtig ist, muss man sich zuerst wohl in und mit seinem Körper fühlen. Dies ist nur möglich, wenn man beschwerdefrei ist oder mit seiner Problematik gut umgehen kann. Denn dass man sich mit Inkontinenz-, Menstruations- oder Verdauungbeschwerden nicht unbedingt sexy fühlt, ist verständlich. Kommt dann Angst durch fehlende Informationen oder Unterstützung hinzu, können schon kleine körperliche Beschwerden zu größeren psychischen Problemen führen!
Was wollen Sie Frauen mit auf den Weg geben, wenn es um das Thema Frauengesundheit geht?
Beschwerden in einem Tabubereich wie Beckenboden und Sexualität führen schnell zu Isolation. Es ist mir ein riesiges Anliegen, Frauen nicht allein leiden zu lassen, sondern Lösungen und Perspektiven anzubieten.