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Krebs und Sex sind kein Tabu

Foto: Nomad_Soul via shutterstock

Offenheit in der Kommunikation und eine große Portion Ehrlichkeit: Rebecca Holderbaum und Mario Rader sprechen darüber, wie es ihnen als Paar mit Rebeccas Brustkrebserkrankung ging bzw. heute geht.

Rebecca, wie war die Diagnose Brustkrebs damals für dich?

Rebecca: Mir war schon vor dem Diagnosegespräch klar, dass es nicht gut aussieht. Mario hat mir damals geraten, zum Arzt zu gehen und gesagt, er übernimmt in der Zwischenzeit alles für mich und kümmert sich um unsere beiden Kinder. Ich war wirklich entsetzt, wie die Ärztin mir damals empathielos und ohne Vorbereitung gesagt hat, dass ich Brustkrebs habe. Mario war bei allen Arztgesprächen dabei, nur bei der Chemo wollte ich das aus Schutz nicht. Diese bedrückende Stimmung im Krankenhaus wollte ich einfach dort lassen und nicht mit nach Hause nehmen.

Wie geht es euch heute mit dem Thema als Paar?

Rebecca: Das Thema Krebs kommt in Wellen und hängt davon ab, wie es mir gerade geht. Ich habe nach wie vor durch einen Lagerungsschaden nach meiner Operation Probleme mit meinem Arm und bin dadurch immer wieder eingeschränkt. In solchen Momenten holt mich die Erkrankung wieder ein. Mario erdet mich dann, wenn mich diese Gedanken verzweifeln lassen.

Mario: Für uns war von der Diagnose an klar, dass das ein Familienprojekt ist. Wir haben auch unsere Kinder miteinbezogen und sind froh, dass alles gut ausgegangen ist. Wenn Rebecca ihre monatlichen Hormonspritzen erhält, merkt man aber, dass doch noch nicht alles wieder ganz normal ist. Ich merke, dass einerseits die Gewichtszunahme für Rebecca ein Thema ist und andererseits, was es für Rebecca bedeutet, als Frau frühzeitig in den Wechsel geschickt zu werden. Es gibt diese Frustmomente, aber bei uns hängt keine Wolke über dem Alltag.

Foto: Privat

Haben sich eure Partnerschaft und Sexualität durch die Erkrankung verändert?

Mario: Es gibt für mich viele Themen aus der Therapie-Zeit, die für mich total in den Hintergrund getreten sind. Es war wie ein Ringelspiel aus Chemo, Kinder und Beruf. Rund um das Thema Sexualität war bis zur OP alles relativ normal. Nach der OP war für uns beide das sexuelle Bedürfnis nicht so da. Kinder zu haben war aber eigentlich der viel größere Einschnitt in unsere Sexualität als die Erkrankung! (lacht)

Rebecca: Stimmt! (lacht) Wir haben von Anfang an viel gekuschelt. Erst durch die Schmerzen, die nach der OP aufgetreten sind, haben sich gewisse Dinge verändert. Wir waren in dieser Zeit sehr ehrlich zueinander – aber das war uns schon immer in unserer Beziehung wichtig. Ich habe auch keine Berührungsängste zu meiner Narbe.

Mario: Niemand bekommt einen Heulkrampf, wenn sich Rebecca auszieht. Ich habe viel eher das Gefühl, dass Rebecca das Gewicht stört.

Rebecca: Voll – aber Mario stört das gar nicht! Mich hemmt es aber manchmal bei gewissen Stellungen. Da braucht man eben Zeit, sich darauf einzulassen.

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Würdet ihr sagen, dass eure Beziehung durch die Erkrankung stärker geworden ist?

Rebecca: Definitiv! Wir sprechen Themen viel schneller an – auch hinsichtlich unserer Sexualität. Wir sind inniger geworden und schätzen die gemeinsame Zeit.

Mario: Wenn die Beziehung nicht aufbricht, dann muss es sie in irgendeiner Art und Weise stärker gemacht haben. Ich habe erst durch Rebeccas Erkrankung gemerkt, dass Krebs nach wie vor ein Tabu-Thema ist.

Krebs, Sex und Tabu: Wie wichtig war und ist euch in dieser Hinsicht Offenheit?

Mario: Wir haben das Thema Sexualität immer sehr locker gesehen. Es war für uns nie ein Tabu-Thema. Wenn uns etwas interessiert, probieren wir es aus. Das hat uns eine gute Basis gegeben.

Rebecca: Auch wenn man mal etwas Verrücktes macht – es ist total okay! Es ist ganz wichtig, dass jeder seine Bedürfnisse ansprechen darf. Je mehr man selbst anspricht, desto eher gibt man dem anderen die Möglichkeit, für sich selbst auszuloten, was man möchte.

Mario: Wir haben uns im Bereich Sexualität eine gewisse Normalität behalten. Man hat ohnehin so viele Stressthemen, da muss Sex nicht noch eines sein.

Was würdet ihr anderen Paaren empfehlen, die vielleicht in einer ähnlichen Situation sind?

Mario: So viel Offenheit auszunutzen, wie es die Beziehung verträgt. Es ist auf jeden Fall nicht der richtige Moment, auf einmal nicht mehr miteinander zu reden. Man hat es als Paar selbst in der Hand, wie man mit dem Thema Sexualität umgeht. Ja klar, gewisse Dinge werden sich ändern, aber da muss man sich dann einfach gut hinein spüren und Neues ausprobieren. Wir haben vor Rebeccas Erkrankung das gemacht, was uns Spaß macht – und das tun wir auch jetzt.

Rebecca: Ich finde es wichtig, dass man offen sagt, was einem gut tut und was einem vielleicht eben nicht passt. Zum Beispiel, wenn man keine Lust auf Sex hat und vielleicht nur gestreichelt oder massiert werden möchte. Das entspannt und macht auch Sex ganz grundsätzlich viel leichter. Und wenn etwas richtig gut tut – einfach genießen!

DAS BIN iCH

DAS BIN iCH ist mehr als eine Brustkrebs-Initiative – es ist eine Plattform, die Betroffenen zeigt, dass sie nicht alleine sind. Dafür portraitiert DAS BIN iCH Brustkrebs-Patienten so wie sie sind. Interviews und Foto-Shootings, bei denen Betroffene ganz ehrlich ihre Körper präsentieren, dienen dabei nicht nur zur Aufklärung über die unterschiedlichen Operationen und Behandlungsmethoden, sondern unterstützen auch dabei, das Erlebte zu verarbeiten. DAS BIN iCH möchte damit Mut machen, Hoffnung schenken und das allgemeine Bewusstsein für Brustkrebs sowie dessen Enttabuisierung fördern – und das mit wahren Geschichten, echten Menschen und ehrlichen Antworten.

Mehr Infos inklusive Rebeccas DAS BIN iCH-Story unter www.dasbinich.at 


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