Im Interview erklärt die Wiener Gynäkologin Dr. Eva Lehner-Rothe häufige Ursachen von Schmerzen im Unterleib und was Frauen dagegen tun können.
Dr. Eva Lehner-Rothe
Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Was verursacht bei Frauen Unterleibsschmerzen?
Typischerweise die Menstruation. Denn die zeigt sich bei jeder Frau mit individuellen Nebenwirkungen, darunter Unterleibsschmerzen. Die treten bei der einen Frau regelmäßig monatlich auf, bei einer anderen nur gelegentlich oder gar nicht. Regelschmerzen setzen für gewöhnlich kurz nach der ersten Regelblutung ein. Verursacht werden sie von der sich zusammenziehenden Gebärmutter, die die während des Zyklus’ aufgebaute Schleimhaut abstößt. Regelschmerzen können Monat für Monat die nächste Blutung ankündigen und in Dauer sowie Stärke variieren: von einem leichten Ziehen bis hin zu unerträglichen Krämpfen, die in Rücken und Beine ausstrahlen.
Auch eine Harnwegsinfektion, wie eine Blasenentzündung, kann im Unterleib sehr weh tun. Die Schmerzen sind recht gut von denen, die die Regel anzeigen und begleiten, zu unterscheiden. Meist spüren Betroffene ein Brennen beim Wasserlassen.
Ein häufiger, oft noch unterschätzter Grund für Unterleibsschmerzen bei Frauen ist die Endometriose. Bei dieser Erkrankung wuchert Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter. Die an sich harmlosen Wucherungen können Schmerzen auslösen, je nachdem, wie stark und wo sie auftreten. Dann schmerzen die Regel, der Geschlechtsverkehr oder das Abführen von Stuhl.
Natürlich können Unterleibsschmerzen auch psychosomatische Ursachen haben. Stress, Angst und Trauer sind typische Auslöser. Gar nicht so selten stecken Abgase hinter den Schmerzen, die sich im Verdauungstrakt an ungünstiger Stelle ansammeln. Und auch verschiedene, oft entzündliche Erkrankungen an den inneren Organen können Unterleibsschmerzen auslösen.
Was kann Frau gegen ihre Unterleibsschmerzen tun?
Wir Frauen bekommen oft von unseren Großmüttern und Müttern natürliche Mittel gegen Unterleibsschmerzen mit auf den Weg, die innerlich wie äußerlich angewendet werden können. Dazu zählen Kräutertees mit bewährten Heilpflanzen wie Frauenmantel, Schafgarbe oder Wegwarte. Auch die Ingwerknolle soll gut gegen Regelschmerzen helfen. Hinzu kommen Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, das Krämpfe lindert. Vielen meiner Patientinnen hilft Bewegung, auch wenn sie sich dazu zunächst überwinden müssen. Ich ermutige jede Frau, auszuprobieren, was ihr guttut.
Gibt es eine wirksame Erste-Hilfe-Maßnahme?
Wärme empfinden viele Frauen als besonders schmerzlindernd. Die Wärme weitet die Gefäße, regt so die Durchblutung an und lockert krampfendes Gewebe und Verspannungen.
Wärme kann zum Beispiel per Wärmekissen oder -flasche über die Bauchdecke zugeführt werden. Für unterwegs gibt es praktische Wärmepflaster. Auch ein heißer Tee oder ein Wannenbad wärmen.
Was ist mit Schmerzmitteln?
Keine Frau sollte unter ihren Schmerzen leiden müssen. Wenn die Schmerzen den Alltag beeinträchtigen, dann spricht nichts gegen die Einnahme eines Schmerzmittels. Wobei ich auch verstehe, dass Frauen bewusst darauf verzichten möchten.
Was halten Sie von einer Freistellung für Frauen mit Regelschmerzen?
Ich kenne Regelschmerzen aus eigenem Erleben. Eine Frau, die wegen ihrer Regelschmerzen nicht in der Lage ist, aufzustehen, sich vielleicht übergeben muss und weder zur Schule noch ins Büro kann, sollte zu Hause bleiben dürfen – ohne Nachteile. Die Pandemie zeigt uns gerade, dass Homeoffice gut läuft, wenn denn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Auch ein staatlich finanziertes „regelfrei“ könnte so buchstäblich geregelt werden!
Wann ist es an der Zeit, wegen Unterleibsschmerzen einen Arzt aufzusuchen?
Jede Frau hat ihre Schmerzgrenze. Deshalb rate ich, dann zum Arzt zu gehen, wenn die Unterleibsschmerzen nicht nachlassen oder sich sogar verstärken. Der richtige Moment ist der, wo die Frau sich fragt: Sind diese Schmerzen noch normal?
Vielen Dank für das spannende Interview!
Infobox
• Schmerzen im Unterleib werden oft durch eine Verkrampfung der Muskulatur verursacht.
• Konstante Wärme hilft, diese zu entkrampfen und die Muskeln zu entspannen.
• Besonders wirksam ist lang anhaltende und tiefenwirksame Wärme.
• Je länger die Wärme wirken kann, desto tiefer kann sie wirken. Durchblutung wird gefördert, Krämpfe lösen sich und Schmerzen werden gelindert.